Gesundes Kochen mit suchtbelasteten Eltern und ihren Kindern

Für Kinder von suchtbelasteten Eltern gibt es im Raum Karlsruhe seit vielen Jahren die seinerzeit vom Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe Karlsruhe e.V. mit ins Leben gerufene und zwischenzeitlich von der Diakonischen Suchthilfe Mittelbaden therapeutisch betreute Kindergruppe Regenbogen. Da sich die Kinder zwischen 6 und 12 Jahren regelmäßig in den Räumlichkeiten des Freundeskreises Karlsruhe treffen, wurde die Idee geboren, mit den Kindern gemeinsam zu essen und zum Kochen die Eltern, soweit dies möglich ist, zu animieren und mit einzubeziehen.

Nicht nur in suchtbelasteten und dysfunktionalen Familien, aber gerade dort verstärkt, wird auf eine gesunde Ernährung immer weniger geachtet und eine gemeinsame Einnahme der täglichen Mahlzeiten mehr als vernachlässigt. Aus dem eigenen Erfahrungsschatz wissen wir, dass gemeinsames Essen nicht nur die Kommunikation fördert, sondern auch das WIR-Gefühl und den Zusammenhalt stärkt. Schnell war ein kleines Team von Seiten des Freundeskreises Karlsruhe gefunden, welches sich bereit erklärte hier tatkräftig mitzuwirken. Es waren bewusst nur wenige Personen, da es für die Kinder in ihrer schwierigen Situation nicht zu viele neue oder gar wechselnde Bezugspersonen geben sollte.

Im Vorfeld bekamen wir in einem Workshop von einer Ernährungsberaterin der AOK Mittlerer Oberrhein Tipps und Hintergrundwissen für gesunde, ausgewogene Ernährung, die sich mit frischen Zutaten leicht und schnell auf den Tisch zaubern lässt. Denn neben dem Grundgedanken des gemeinsamen Essens sollten auch den Müttern/Vätern aufgezeigt werden, dass auch mit einfachen und begrenzten finanziellen Mitteln eine gesunde Mahlzeit gekocht werden kann.

Theoretisch waren wir nun gut vorbereitet und konnten an die Umsetzung gehen. Der Einladung durch die therapeutische Leitung der Kindergruppe Regenbogen folgten dann zu unserer großen Freude eine ganze Anzahl von Bezugspersonen der Kinder. Das zu kochende Rezept gaben wir Freundeskreisler vor, hielten die entsprechende Zutaten bereit und die Erwachsenen machten sich mit Freude an die anfallenden Arbeiten, wie z.B. Gemüse waschen, putzen, klein schneiden, kochen, schmoren oder dünsten; Beilagen, Salate, Aufläufe, Suppen, Desserts usw. vor- und zubereiten, wie es das Rezept gerade vorsah. Im Prinzip gab es alles was das Herz begehrte, außer Fast Food. So waren z.B. Spagetti-Muffins an einem Abend der große Renner.

Während wir mit den Eltern als Betroffene oder Angehörige am Tisch mit den Vorbereitungen beschäftigt waren oder am Herd bereits mit kochen begannen, ergaben sich zwanglose Gespräche, die oftmals dann auch in Tiefgang mündeten, da viele bisher noch keinen oder wenig Kontakt zur Selbsthilfe hatten. Während dieser Zeit wurden die Kinder noch in ihrer Gruppe betreut und freuten sich schon darauf, einmal wieder mit Vater oder Mutter, von denen sie sonst oft getrennt leben, gemeinsam am Tisch zu sitzen und zu speisen.

Die Kinder deckten zuvor immer mit viel Freude und Phantasie die Tische schön ein, sorgten für Getränke, halfen bei den letzten Handgriffen und konnten es kaum erwarten, dass nicht nur der gute Essensduft aus der Küche in unseren Aufenthaltsraum zog, sondern die dampfenden Schüsseln auf dem Tisch standen. Einige der 10 bis 14 Kinder kannten so manche Zutaten und Gemüsesorten nicht und standen erstmal dem ganzen etwas skeptisch gegenüber. Eine kurze Erklärung und ein kleines Versucherle, wie man bei uns im Badischen zu sagen pflegt, überzeugte die meisten doch noch und es wurde kräftig nachgeschöpft. Auch die Küchenbrigade, die in der Regel aus sechs bis acht Personen bestand, ließ es sich gemeinsam mit den Kindern munden.

An den beiden großen Tischen sah man an den Abenden nicht nur Kinderaugen leuchten, sondern auch die Erwachsenen fühlten sich wie in einer Großfamilie, wo ja meistens die Töpfe leer werden und über den Tag mit seinen Höhen und Tiefen gesprochen wird.

Durch unser gemeinsames kochen und essen entstand ein kleines Netzwerk zwischen den Vätern, Müttern oder Pflegeeltern, den Kindern und uns vom Team der Selbsthilfe. Es macht einfach Freude, wenn man sieht, dass neue Wege in der Selbsthilfe im Bereich Familie und Kinder angenommen werden, wie auch kleine Schritte Veränderungen zum positiven bewirken  und Hemmschwellen zur Selbsthilfe dadurch abgebaut werden.

Dieter Engel